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Das Ceconomy-Beben: Baustellen ohne Ende

Wer im Herbst vergangenen Jahres, als der Aufsichtsrat der Ceconomy AG seinen Vorstandsvorsitzenden (und in Personalunion auch MSH-Chef) vom Hof jagte, dachte, schlimmer geht nimmer, der wurde in der vergangenen Woche eines Besseren belehrt: Von Dienstag bis Freitag beherrschte der „Machtkampf“, der Ceconomy in seinen Grundfesten erschüttert, die Schlagzeilen der Wirtschaftspresse. Der (vorläufige) Höhepunkt dann am späten Donnerstagabend: In einer außerordentlichen Sitzung hatten der Aufsichtsrat und CEO Jörn Werner „in gegenseitigem Einvernehmen“ beschlossen, sich mit sofortiger Wirkung zu trennen. Zeitgleich bestellte der Aufsichtsrat Dr. Bernhard Düttmann für die Dauer von zwölf Monaten erneut zum Vorsitzenden des Vorstands (CEO).
Nach 230 Tagen schon wieder weg: Ceconomy-CEO Jörn Werner.
Nach 230 Tagen schon wieder weg: Ceconomy-CEO Jörn Werner.

Das Medienecho vernichtend, die Entwicklung des Aktienkurses verheerend, die Zukunftsstrategie immer noch nebulös. Denkbar schlechte Voraussetzungen kurz vor den wichtigsten Umsatzwochen des Jahres zwischen der Cyber Week und Weihnachten. Das Fatale: Ceconomy hat nicht nur ein Problem mit seinem Spitzenpersonal – das lässt sich ja, wie vergangene Woche erlebt, notfalls auch nach rekordverdächtig kurzen 230 Tagen loswerden.

Ceconomy hat auch und vor allem ein Problem mit seiner Konzernstruktur und im Kerngeschäft bei MediaMarkt und Saturn ein Problem mit dem komplett geänderten Einkaufsverhalten der Verbraucher im Zuge der digitalen Transformation. Im Klartext: Nicht nur der Umbau der Konzernstruktur muss schleunigst angeschoben werden. Nein, es muss das gesamte Geschäftsmodell auf den Prüfstand.

Dr. Bernhard Düttmann springt für zwölf Monate als Vorsitzender des Ceconomy-Vorstands ein.
Dr. Bernhard Düttmann springt für zwölf Monate als Vorsitzender des Ceconomy-Vorstands ein.

Neue Konzernstruktur gefordert ^

So mahnte die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz am vergangenen Freitag an, dass eine neue Konzernstruktur vonnöten sei, die dafür Sorge, dass die Holding Ceconomy und die wichtigste Tochtergesellschaft MediaMarktSaturn an einem Strang ziehen. Das Vertrauen der Anleger ist jedenfalls erst einmal am Boden. Um satte 15 % – von 5,13 auf 4,34 Euro – rauschte der Aktienkurs zwischen dem 11. und 18. Oktober in den Keller. Alleine am vergangenen Freitag ging es 10 % bergab. Heftiger hat es vergangene Woche nur die „Zocker“-Aktie aus dem Dax, Wirecard, erwischt.

Wahr ist: Eine Dachgesellschaft Ceconomy mit Sitz in Düsseldorf, die nur eine einzige, wirklich im Markt relevante Tochter, eben die Media-Saturn-Holding in Ingolstadt, hat, macht in der augenblicklichen Situation kaum Sinn. Geradezu zur Farce wird es, wenn man dann nicht mit einer Zunge redet und offenbar unvereinbare Auffassungen über den Restrukturierungskurs und die Zukunft hat.

Nach Werners überraschendem Abgang soll es nun einmal mehr Aufsichtsrat Dr. Bernhard Düttmann, richten, der sich zudem neben dem Personal auch um die Strategie des Konzerns kümmern soll. Die Zusammenarbeit zwischen Ceconomy und MediaMarktSaturn, insbesondere bei der Implementierung einer neuen Strategie, soll unter Leitung des promovierten Diplom-Kaufmanns Düttmann (mit Lanxess- und Beiersdorf-Vergangenheit) durch ein so genanntes „Transformation Committee“ sichergestellt werden, dem der Vorstand der Ceconomy und die Geschäftsführung von MediaMarktSaturn angehören.

Außen Saturn, innen Erlebnishandel: der Flagship Store in Köln.
Außen Saturn, innen Erlebnishandel: der Flagship Store in Köln.

Sie streiten wieder … ^

Doch das – und die Art der Trennung – ruft den Media-Saturn Minderheitsgesellschafter, die Investmentgesellschaft Convergenta, hinter der die Erben des MediaMarkt-Gründers Erich Kellerhals stehen, auf den Plan. „Eine erfolgreiche Transformation setzt die Einbindung der Convergenta Invest in das Transformation Committee voraus, welche wir hiermit einfordern“, zitiert die in Düsseldorf erscheinende Rheinische Post (RP) am vergangenen Samstag Convergenta.

Nach dem Streit scheint also vor dem Streit. Dabei hatte es vor wenigen Wochen danach ausgesehen, das die jahrelange Dauerfehde zwischen Ceconomy und Convergenta zu den Akten gelegt werden könne. Jetzt wird Convergenta-Geschäftsführer Dr. Ralph Becker in der Rheinischen Post mit den Worten zitiert: „Wir sind irritiert, dass der Ceconomy-Aufsichtsrat … offenbar meint, sich von dem Vorstandsvorsitzenden nach nur wenigen Monaten und auf diese Art und Weise trennen zu müssen.“ Und weiter: „Kurzfristiger Aktionismus entspricht nicht unserem Strategie-Ansatz.“

Personal-Probleme finden immer eine Lösung, viel entscheidender ist folgendes: Das Geschäftsmodell von MediaMarkt und Saturn ist, freundlich formuliert, in die Jahre gekommen. Die großen Flächen als Ankermieter in besten City-Lagen werden im Zuge der digitalen Transformation eher zu Mühlsteinen um den Hals. Was im neuen Flagship-Store in Köln in Top-Lage funkelt und faszinieren mag, das hat mit einem Saturn von der Stange in einem Mittelzentrum wenig gemein.

Too big to fail? ^

Auch diese Frage muss erlaubt sein: Ist MediaMarktSaturn „too big to fail“? Wer mag das schon seriös vorhersagen. Erinnern Sie sich noch an Kodak? Oder an WOM? Letztere hatten als „Category Killer“ die alteingesessenen Schallplatten-Läden vom Markt gefegt – bis die digitale Revolution die physischen Tonträger samt WOM vom Markt fegte. Gleiches gilt für „Toys R Us“, denen „mytoys“ & Co. zum Verhängnis wurde.

Und selbst wenn man alles richtigmacht, inklusive Internet, kann es einem wie „Matratzen Concord“ ergehen. Die hatten sich den Markt für Matratzen zusammen mit Ikea und dem Dänischen Bettenlager praktisch untereinander aufgeteilt. Doch dann kam „bett1.de“ mit „Deutschlands meistverkaufter Matratze“ – und nichts ist seitdem noch so, wie es mal war. Dieser Tage ging das Unternehmen an einen Investor aus Asien (Magical Honour Limited) für (laut Medienberichten) lächerliche fünf Millionen Euro. Man ahnt: Es kann in disruptiven Zeiten ganz schnell gehen.

„Kill your company bevor es jemand anders tut“, Marcus Diekmann.
„Kill your company bevor es jemand anders tut“, Marcus Diekmann.

Umdenken! ^

„Ich habe aufgehört, Drei-Jahres-Pläne zu machen“, sagte vergangene Woche Marcus Diekmann, Digital-Chef bei Rose Bikes in Bocholt (und mit eigener Matratzen Concord-Vergangenheit) auf dem Hessischen Handelstag in Offenbach. Denn: „Niemand weiß, wie es geht und wie der Kunde morgen tickt.“ Was der brillante Keynote-Speaker indes weiß: „Wenn ich nicht Amazon bin, muss ich mich hochgradig spezialisieren.“ Vor allem aber muss ich mein Unternehmen im Zeitalter der digitalen Transformation völlig neu denken.

Diekmann: „Ob Esprit oder Peek & Cloppenburg, die alten Helden der Vergangenheit sind in der Krise. Kill your company bevor es jemand anders tut.“ Too big to fail? Vielleicht sollte Ceconomy, deren Töchter viel zu spät auf den digitalen Zug aufgesprungen sind, mehr Diekmann wagen: „Denken Sie um! Ein altes Konzept bleibt auch online ein altes Konzept – eben nur auf zwei Kanälen.“

„Der Slogan Geiz ist geil ist mit Nachhaltigkeit nicht zu verbinden“, Dr. Philipp Nimmermann, Staatssekretär im Hessischen Wirtschaftsministerium.
„Der Slogan Geiz ist geil ist mit Nachhaltigkeit nicht zu verbinden“, Dr. Philipp Nimmermann, Staatssekretär im Hessischen Wirtschaftsministerium.

Zum Umdenken gehört aktueller denn je, an den Kunden von morgen zu denken. Die neue, vergangene Woche veröffentlichte Shell-Studie zeigt, dass für junge Menschen die Themen Klima- und Umweltschutz sowie Nachhaltigkeit die wichtigsten Sorgenthemen sind.

„Der Slogan Geiz ist geil ist mit Nachhaltigkeit nicht zu verbinden“, so Dr. Philipp Nimmermann, Staatssekretär im Hessischen Wirtschaftsministerium, anlässlich des Hessischen Handelstages vergangene Woche. Offenbar gar nicht so einfach, einen alten Saturn-Slogan aus dem Gedächtnis zu bekommen, der heute so gar nicht mehr in die Zeit passt. Viel Arbeit auf allen, wirklich allen Ebenen also für Ceconomy und die Media-Saturn-Holding.

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