Marktforschung

Lokale Verwurzelung als Wettbewerbs-Vorteil 

Die Hersteller von Elektro-Hausgeräten und Consumer Electronics sehen sich in Deutschland und weltweit einer verstärkt globalisierungskritischen Haltung der Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber. Diese achten häufiger darauf, wo Unternehmen ihren Sitz haben und legen mehr Wert auf lokale Produktion. Zudem rücken Klimaschutz und faire Arbeitsbedingungen in den Fokus.


Das zeigt die internationale Studie „The Way Back Home“ der Strategieberatung Oliver Wyman und der gfu Consumer & Home Electronics GmbH, Veranstalterin der IFA in Berlin. Unternehmen mit lokaler Verwurzelung und einer nachhaltigen Lieferkette haben damit Vorteile im Wettbewerb.

Globalisierungskritische Haltung

Ob Smartphone, Fernseher oder Waschmaschine: Käuferinnen und Käufer von Elektrogeräten und Consumer Electronics legen zunehmend Wert darauf, dass die Hersteller in ihrer Heimat produzieren oder dort ihren Hauptsitz haben. Das wachsende Augenmerk auf lokale Verwurzelung ist das Resultat einer zunehmend globalisierungskritischen Haltung der Kundschaft.

So ist in Deutschland etwas mehr als die Hälfte (54%) der Menschen der Ansicht, dass die heutige Welt zu stark globalisiert ist – nur knapp ein Viertel (22%) denkt das Gegenteil. Deutschland liegt damit im Mittelfeld der Globalisierungsskeptiker, so das Ergebnis der Studie „The Way Back Home“. Diese hat die Strategieberatung Oliver Wyman gemeinsam mit der gfu Consumer & Home Electronics GmbH durchgeführt.

„Für Unternehmen wird eine Verwurzelung oder Fertigung innerhalb des Landes zu einem bedeutenderen Unterscheidungsmerkmal im Wettbewerb“, Dr. Sara Warneke (Geschäftsführerin der gfu).
„Für Unternehmen wird eine Verwurzelung oder Fertigung innerhalb des Landes zu einem bedeutenderen Unterscheidungsmerkmal im Wettbewerb“, Dr. Sara Warneke (Geschäftsführerin der gfu).

„Konsumenten nehmen die Hersteller heute stärker in die Pflicht“, erläutert Dr. Sara Warneke, Geschäftsführerin der gfu. Und weiter: „Sie müssen nachweisen und klarer kommunizieren, dass ihre Produkte gut für die Menschen und gut für die Umwelt sind.“

In fünf Ländern haben Oliver Wyman und gfu Käuferinnen und Käufer von Elektro-Hausgeräten und Consumer Electronics befragt. Besonders skeptisch mit Blick auf Globalisierung zeigen sich Menschen in Indien (91%) und Frankreich (70%), wohingegen in China (46%) und den USA (44%) das Lager derjenigen, die eine weltweite Arbeitsteilung infrage stellen, weniger als die Hälfte der Bevölkerung ausmacht.

„Die Zeit ist zu Ende, in der viele Menschen beim Einkauf die Produktionsbedingungen ausgeblendet haben“, sagt Warneke. Als zunehmend problematisch werden die Verflechtungen zwischen Ländern laut Umfrage in allen Ländern eingeschätzt. „Die Kritik an der Internationalisierung der Wirtschaft ist zu einem breiten Trend geworden. Für Unternehmen wird eine Verwurzelung oder Fertigung innerhalb des Landes damit zu einem bedeutenderen Unterscheidungsmerkmal im Wettbewerb.“

Corona & Ukraine-Krieg beschleunigen das Umdenken

Überproportional stark vertreten in der Gruppe der Globalisierungskritiker sind junge sowie akademisch gebildete Menschen. Die Internationalisierung der Wirtschaft werde aber über alle Bevölkerungsschichten hinweg stärker hinterfragt, sagt Dr. Martin Schulte, Partner bei Oliver Wyman und Mitautor der Studie. Als wichtige Ursachen dafür nennt er die Corona-Krise und den Ukraine-Krieg.

„Angesichts gestörter Lieferketten und der spürbaren Risiken der Abhängigkeit von Autokratien gewinnt die Frage nach einer lokalen Präsenz und Produktion an Bedeutung.“ Besonders hoch fiel der Zuwachs der Zustimmung bei der Aussage „Mir ist wichtig, wo eine Marke ihren Hauptsitz hat“ in Deutschland aus – ein Plus von 19% ermittelte die Studie im Vergleich zum Zeitraum vor 2020. 14% beträgt hierzulande der Zuwachs bei der Aussage „Mir ist wichtig, wo die Marke produziert“.

„Sie können offensiv in der Kommunikation herausstellen, dass sie nicht Teil des Problems sind, sondern Teil der Lösung“, Martin Schulte (Partner bei Oliver Wyman).
„Sie können offensiv in der Kommunikation herausstellen, dass sie nicht Teil des Problems sind, sondern Teil der Lösung“, Martin Schulte (Partner bei Oliver Wyman).

Länderübergreifend gewinnt die Herkunft von Elektro-Hausgeräten und Consumer Electronics an Bedeutung. Zwei Drittel der Befragten bekennen sich zu einer stärkeren Präferenz für Marken, die in ihrem Heimatland den Hauptsitz haben. Etwa drei Viertel schreiben einer lokalen Fertigung eine gewachsene Bedeutung zu. Parallel wird eine transparente Lieferkette erwartet.

„Verbraucherinnen und Verbraucher wollen auch wissen, wo die Bauteile der Produkte hergestellt werden und richten ihre Kaufentscheidung danach aus“, sagt Schulte. Dies gelte für alle betrachteten Länder. Von einer heimischen Produktion versprechen sich die Käufer auch eine höhere Qualität und mehr Nachhaltigkeit. Galt bisher die Formel, dass die Globalisierung mehr Vorteile als Nachteile bringe, so winken heute 61% der Deutschen bei dieser Aussage ab. „Für die Exportnation Deutschland ist dies ein überraschendes Ergebnis“, sagt Schulte.

Klimaschutz als globales Gemeinschaftsprojekt

Beim Klimaschutz und in Fragen der Nachhaltigkeit befürworten allerdings die Menschen in Deutschland eine länderübergreifende Zusammenarbeit. 58% der Befragten erachten die Globalisierung in diesen beiden Feldern als nützlich. „Verbraucherinnen und Verbraucher sehen den Klimaschutz überwiegend als globales Gemeinschaftsprojekt“, so Oliver Wyman-Experte Schulte. Mit einer guten Nachhaltigkeitsstrategie könnten Hersteller hier punkten. „Unternehmen mit einer grünen Lieferkette haben gute Chancen, ihre Marktposition auszubauen“, sagt Schulte. Und: „Sie können offensiv in der Kommunikation herausstellen, dass sie nicht Teil des Problems sind, sondern Teil der Lösung.“ Oliver Wyman und die gfu haben im August 2022 für die Studie „The Way Back Home“ jeweils mehr als 1.000 Konsumenten in fünf Ländern befragt: in den beiden bevölkerungsreichsten Ländern China und Indien, der weltweit führenden Volkswirtschaft USA sowie Deutschland und Frankreich als die beiden EU-Staaten mit dem höchsten Bruttoinlandsprodukt.

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