Buch-/Management-Tipp

Am Kunden vorbei mit QR Codes, NFC & Co.: Wie Technologien verbrannt werden

Warum floppen hoffnungsvolle Technologien wie QR Code, Beacons, Near Field Communication (NFC) oder RFID beim Endanwender? Und droht dem Hype-Thema AR/VR nun das gleiche Schicksal? Florian Harr, Principal Consultant bei elaboratum New Commerce Consulting, analysiert Fehler und To Dos im Umgang mit neuen Technologien.

Welche Technik dem Kunden zu einem positiven Kauferlebnis verhilft, ist ihm völlig egal. Hauptsache, sie tut es. Diesen Grundsatz, der zu Beginn aller Überlegungen zum Einsatz von QR Codes, NFC oder VR stehen sollte, vergessen Unternehmen allerdings allzu oft. Bei aller Begeisterung für eine neue Technologie übersehen sie, dass schon die Einstiegshürde zur Nutzung hoch ist.

Am Beispiel von QR Codes: Der Kunde muss nicht nur die Funktionsweise der Technologie verstehen, er braucht zudem eine App und muss den QR Code scannen, beispielweise auf einem Plakat. Hat er das getan, leitet ihn die App weiter auf eine Webseite, wo er dann aber nicht selten enttäuscht wird. Denn wahrscheinlich bewegt sich der Nutzer in einem mobilen Kontext, landet er mit dem Smartphone auf einer Webseite, die möglicherweise nicht mobil optimiert ist.

Dabei gibt es durchaus Positivbeispiele, wie man solche Technologien sinnvoll einsetzen kann. Privat Krankenversicherte können beispielweise Rechnungen per Smartphone einreichen und ersparen sich so den lästigen Papierkram. Je nachdem, welche Funktionen die App anbietet, scannt der Versicherte entweder den auf der Arztrechnung vorhandenen QR-Code mit dem Handy oder sendet ein Foto von der Rechnung an die Versicherung.

Neben den vielgescholtenen QR Codes gibt es eine Reihe Technologien, die für sich gesprochen Vorteile bieten, deren Einsatz aber oft am Kunden vorbei geht, wie NFC, die lange als Hoffnungsträger für Mobile Payment galt. Nach wie vor fehlen aber Standards, und die Verbreitung von NFC ist überschaubar, so dass nun alle auf Apple Pay warten.

Auch der nächste Hoffnungsträger, RFID, stößt im Umfeld der Endanwender schnell an seine Grenzen. Kann der Händler theoretisch jedes einzelne mit RFID ausgestattete Kleidungsstück identifizieren, muss der RFID-Chip aus Datenschutzgründen beim Verkauf an den Endkunden zerstört werden. Man kann RFID also nur für alle Prozesse „bis zum Kunden“ und nicht „ab dem Kunden“ nutzen.

Was sind also die Learnings daraus für die aktuellen Hype-Technologien VR/AR?

  1. Eine Technologie sollte nur aus einem Bedarf heraus implementiert werden: Es gilt nutzerzentriert zu überprüfen, was die Technik als Problemlösung für den Kunden bietet.
  2. Die Anwendung muss so nutzwertig sein, dass man die Hürden – man muss App installieren, sich registrieren, identifizieren, etwas Besonderes mit seinem Handy machen etc. – als Nutzer bewusst in Kauf nimmt.
  3. Speziell bei VR sind die Hürden noch höher als bei anderen Technologien: Der Nutzer braucht mit der VR-Brille ein technisches Hilfsmittel, die er aufsetzen muss etc. Das heißt: Man muss beim Anwendungsfall fokussieren und klar kommunizieren, warum man das Hilfsmittel braucht und was der Anwender dafür bekommt. Denn Kunden schätzen zwar den Vorteil, sich mit VR ein gewünschtes Produkt besser vorstellen zu können. Auch empfinden sie den Bummel mit VR von zu Hause aus als Spaß. Allerdings würden sie letztlich doch lieber am POS einkaufen. Das hat eine repräsentative Studie von elaboratum unter 1.000 Nutzern ergeben, die in Kürze veröffentlicht wird.
  4. Der Einsatz von neuen Technologien wird also im ersten Schritt auf keinen Fall bestehende Prozesse, Nutzungsmuster, Herausforderungen 1:1 ersetzen. Dafür sind sie zu komplex. Nur weil man QR Code hat, kann man nicht auf eine griffige, leicht verständliche URL verzichten. Man braucht sie für die Bewerbung einer Landingpage.
    VR dient nur als Unterstützung für bestehende Prozesse, insbesondere Beratung: Kaufe ich ein Ledersofa, möchte ich nach wie vor das Nappa-Leder anfassen, riechen etc. Von alleine wird VR also nicht funktionieren.
  5. Die Erwartungshaltung, die beim Kunden geschürt wird („Ich richte mir eine komplette Küche ein“), ist noch nicht realistisch. Die meisten Anwendungen stecken noch zu sehr in den Kinderschuhen, als dass sie einen riesigen Wow-Effekt erzielen. Die Einrichtung der neuen Küche beschränkt sich eher noch auf den Austausch von Fronten, aber nicht auf ein komplett neues Design. Die Anwendung verfügt nur über die Funktionen, die man reinprogrammiert hat. Mehr aber auch nicht.

Fazit:

Es ist sinnvoller, einige wenige Anwendungsfälle zu schaffen, die dafür aber richtig gut am Kunden entlang entwickelt wurden, als zu versuchen auf breiter Front die Technologie zu platzieren und darauf zu hoffen, dass sie an der ein oder anderen Stelle akzeptiert wird. Wer mit dem Einsatz einer neuen Technologie liebäugelt, sollte sich unbedingt vorher fragen: Wo kann ich die Technik gewinnbringend einsetzen, um meine Kunden noch besser zu beraten und zu bedienen?

Quelle: elaboratum GmbH – New Commerce Consulting, München, www.elaboratum.de

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