Buch-/Management-Tipp Business Newsletter Newsletter 2015 / KW 27

Wie die strategische Ausrichtung auf Anhieb gelingt

Wolfgang Hanses ist Inhaber von Euronics Hanses sowie Inhaber und Geschäftsführer der „Schule für Erfolg“.

Gastautor Wolfgang Hanses


Womit kann ich als Händler heute Geld verdienen? Wolfgang Hanses, Inhaber von Euronics Hanses in Sinzig am Rhein, hat die Antwort für sich gefunden. Sein Wissen gibt er als Top-Referent und Inhaber der „Schule für Erfolg“ (s-f-e) an die Branche weiter. Für Infoboard befasst er sich in seinem Beitrag mit der strategischen Unternehmensausrichtung im Handel – und wie diese erfolgreich gelingt:

Die Situation im Handel heutzutage ist alles andere als rosig: Sinkende Umsätze lassen ein Dasein als Einzelhändler zumindest auf den ersten Blick für viele wenig attraktiv erscheinen. Preisverfall, ruinöser Wettbewerb durch Großbetriebsformen und die durch das Internet zu Ungunsten des lokalen Einzelhandels veränderten Wettbewerbsbedingungen tragen ihren Anteil dazu bei, potenzielle Anwärter von einer Karriere im Einzelhandel, insbesondere als wirtschaftlich eigenverantwortlicher Selbstständiger, abzuschrecken.

Und dennoch gibt es auch heute zahlreiche Menschen, die sich genau für diesen Weg entscheiden, weil ihr persönlicher Traum für sie schwerer wiegt als pauschale Negativurteile über den Markt und die Unkenrufe wirtschaftspessimistischer Zauderer.

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1. Methoden zur Analyse

Methodische Analysen, die bei der strategischen Ausrichtung eines Unternehmens helfen sollen, müssen alle wesentlichen Unternehmensbereiche in den Blick nehmen. Die systematische Analyse der Ausrichtung eines Unternehmens ist das unerlässliche Fundament, auf dem strategische Empfehlungen für das Unternehmen ausgesprochen werden können.

Analysen von Handelsunternehmen sind komplexe Analysen, bei denen es zahlreiche unterschiedliche und sich zudem verändernde Variablen zu erfassen gilt. Deshalb ist es wichtig, bereits an das Analyse-Instrument basale Anforderungen zu stellen: Indem im analytischen Prozess festgelegte und immer gleiche Schritte durchlaufen werden, wird eine Vergleichbarkeit aller durchgeführten Analysen gewährleistet. Nur so können zum Beispiel frühere Analysen des Unternehmens zu späteren ins Verhältnis gesetzt und Veränderungen nachvollzogen werden.

Darüber hinaus müssen im Rahmen der Analyse die richtigen Fragen gestellt werden. Fragen also, die die für die Unternehmensausrichtung relevanten Aspekte hinreichend abdecken. In der Praxis hat sich eine vierstufige Analyse-Methode bewährt, die folgende Schritte umfasst:

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1.1 Erfassung der Ist-Situation

In einem ersten Schritt steht das Unternehmen mit seinem spezifischen Konzept im Brennpunkt. Gefragt wird zu diesem Zeitpunkt lediglich: „Was ist da los?“. Es geht um eine Fokussierung der Position des Unternehmens am Markt, in der bei bereits bestehenden Unternehmen Werkzeuge wie Mitarbeiter- und Kundenbefragungen, Statistiken und Marktzahlen zu Hilfe genommen werden können und sollten. Alle vorhandenen Informationsquellen, die Aufschluss über die Situation des Unternehmens geben können, werden hier genutzt. Ebenso finden sich in der Analyse alle Bereiche des Unternehmens wieder – vom Personal über den Vertrieb bis zum Controlling usw. Informationen werden systematisch gesammelt, Ergebnisse aus unterschiedlichen Quellen gebündelt und auf ihre Kongruenz überprüft. Ziel ist eine reine Erfassung der Ist-Situation ohne deren Bewertung.

Bei noch nicht realisierten Unternehmenskonzepten stehen selbstverständlich noch keine Mitarbeiter- oder Kundenbefragungen als auszuwertendes Material zur Verfügung. Zu analysieren sind hier jedoch gleichwohl alle bereits durchgeführten Überlegungen, Zielsetzungen und Konzepte, ebenso wie alle vorhandenen Marktbeobachtungen, die Aussagen über den späteren Unternehmenserfolg treffen können. Zentral ist die Frage nach der geplanten Aufstellung am Markt, die zahlreiche Faktoren umfasst: von der Konkurrenzsituation und dem eigenen dem Alleinstellungsmerkmal (USP = Unique Selling Proposition) über die Parkplatzlage in der Umgebung des Geschäfts, von der Frage, wie kompetente Mitarbeiter rekrutiert werden können, bis zur Kaufkraft am Ort und vielem mehr.

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1.2 Die Frage nach dem „warum“

Auf den beobachtenden Brennpunkt folgt die eigentliche Analyse des Unternehmens und seiner Ausrichtung. Hier steht die Frage nach dem „Warum?“ im Mittelpunkt: Welche Erklärungen gibt es für die beschriebene Situation? Warum soll die Ausrichtung des Unternehmens wie geplant erfolgen? Warum könnten Probleme auftreten? Die kausale Analyse der Unternehmensausrichtung ist fundamental, um nachfolgend konstruktive Schritte zur Umsetzung empfehlen zu können.

Auf Basis der Unternehmensanalyse können nun in einem dritten Schritt strategische Lösungen für die Unternehmensausrichtung ermittelt werden. „Wie erreiche ich meine Ziele?“ – Diese Frage muss nun beantwortet werden, damit das Unternehmen erfolgreich am Markt positioniert werden kann. Die Suche nach Lösungen rekurriert außerdem auf das Unternehmensleitbild, mit dem alle geplanten Lösungen harmonieren müssen. Es empfiehlt sich in diesem Schritt die Erstellung eines Lösungskatalogs, der alle notwendigen Lösungswege benennt und später zur Überprüfung der Umsetzungen genutzt werden kann.

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1.3 Bremsen beseitigen, Verbündete finden

Der letzte Schritt der beschriebenen Analyse-Methode bereitet mit der Frage nach dem Weg zur Lösung die strategischen Umsetzungen im Handel vor. Hier geht es um die Beseitigung von Bremsen, darum, Verbündete und Kooperationspartner zu finden, Allianzen einzugehen und vieles mehr. Um den Erfolg der Durchführung sicherzustellen, muss hier ebenso systematisch vorgegangen werden wie bei den vorangegangenen Schritten.

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2. Strategische Umsetzung

Die strategischen Umsetzungen im Handel basieren auf den beschriebenen analytischen Schritten, die ihnen eine fundierte Basis verleihen. Generell muss es darum gehen, die Erfolgsaussichten des Unternehmens zu verbessern. Natürlich muss dabei jedes Unternehmen im Handel individuell betrachtet werden, um seiner spezifischen Situation gerecht zu werden und optimale Ergebnisse zu erzielen. Nichtsdestotrotz können Bereiche genannt werden, die grundsätzlich für die strategische Umsetzung im Handel entscheidend sind und die im Einzelfall thematisiert werden sollten.

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2.1 Neue Energie

Neue Energien helfen, Ressourcen zu aktivieren und anstehende Aufgaben kraftvoll zu bewältigen. Energie ist sowohl im direkten Kundenkontakt entscheidend, um dynamisch auf den Kunden zugehen zu können, als auch für die Unternehmensausrichtung im Handel. Es muss darum gehen, Wege zu finden, bestehende Ressourcen optimal zu nutzen und neue Energien freizusetzen. Hier kann zum Beispiel eine zielgerichtete Trainings-Maßnahme helfen.

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2.2 Die richtige Einstellung

Erfolg braucht – auch und gerade im Handel – die richtige Einstellung. Im Rahmen von Coachings oder Trainings kann ein anderes Reflektions-Niveau erreicht werden, als es dem einzelnen Mitarbeiter oder Geschäftsführer im Alleingang möglich ist. Themen sind hier u. a. die Weiterentwicklung der Persönlichkeit sowie persönlicher, kommunikativer und sozialer Kompetenzen. Auch bedeutsam ist die angemessene Teameinstellung, die eine erneute Bewusstmachung des Unternehmensleitbilds ebenso wie ein empathisches Hineinversetzen in den Kunden voraussetzt.

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2.3 Verkauf und Verkaufstrainings

Zentrales Thema des Handels ist und bleibt der Verkauf. Deshalb ist es besonders wichtig, direkt in der Verkaufssituation anzusetzen und in Verkaufstrainings alle im Verkauf tätigen Mitarbeiter umfassend zu schulen. Das Verkaufen ist eine aktive Tätigkeit, die intensive Vor- und Nachbereitung erfordert und die keinesfalls vom Mitarbeiter als „Selbstläufer“ wahrgenommen werden darf. Relevant sind hier eine Vielzahl von Aspekten: Es muss an der Erhöhung persönlicher, kommunikativer, emotionaler und sozialer, aber auch fachlicher Kompetenzen gearbeitet werden. Der Verkäufer muss wissen, worüber er spricht (Fachkompetenz und Know-how), er muss jedoch auch wissen, wie er dies tut. Dazu gehören die freundliche Begrüßung und Verabschiedung des Kunden ebenso wie das Halten des Blickkontakts, die Vermeidung von vulgärer oder gar Fäkalsprache und das Zuhören-Können, der aufmerksame Umgang mit dem Kunden und das empathische Hineinversetzen in ihn, insbesondere im Rahmen der Bedarfsermittlung („Was braucht der Kunde?“).

Nahezu alle diese Kompetenzen spielen nicht nur in der Verkaufssituation eine tragende Rolle, sondern auch im zwischenmenschlichen Umgang allgemein und haben seit einigen Jahren unter dem Begriff „soft skills“ ebenfalls vermehrt Eingang in die Berufswelt und ihre Auswahlverfahren gefunden. Gleichwohl kommt ihnen in der Verkaufssituation eine besondere Bedeutung zu, weil der Kunde letztlich nicht einfach etwas kauft – so er dies tut –, sondern das Produkt vom Verkäufer kauft, dessen Fehlverhalten somit im ungünstigsten Fall zum Abbruch einer beabsichtigten Kaufhandlung aus persönlichen Gründen führen kann.

Verkaufstrainings helfen dabei, Verkaufs- und Argumentationsstrategien auszuarbeiten, soziale und persönliche Kompetenzen zu erhöhen, die Abschlusssicherheit des Verkäufers zu steigern und die Verkaufssituation effektiv vor- und nachzubereiten. Der Verkäufer lernt, seine Kunden wie Gäste zu behandeln, Angebote angemessen zu präsentieren, Bedarfe beim Kunden zu ermitteln, Wünsche zu wecken und im Idealfall seine eigene hohe Motivation und Begeisterung wie eine Zündung auf den Kunden zu übertragen.

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2.4 Die Vor- und Nachbereitung

Zur Vorbereitung des Verkaufs gehören auf der Ebene der Unternehmensausrichtung der Besuch von Messen, Marketing-Maßnahmen und das Unternehmens-Management. Verkaufspersonal sollte über das Unternehmensleitbild Kenntnis haben und damit wissen, was für ihren Arbeitgeber im Umgang mit dem Kunden besonders wichtig ist. In Verkaufstrainings können Verkäufer effektiv auf die Verkaufssituation vorbereitet werden.

Die Nachbereitung des Verkaufs beginnt für den Verkäufer bereits dann, wenn sich das Verkaufsgespräch dem Ende nähert. Dazu zählt, dass der Verkäufer sich bei seinem Kunden für den Kauf und das ihm entgegengebrachte Vertrauen bedankt. Auch nach dem Kauf sollte der Verkäufer für den Kunden ansprechbar bleiben, schon allein, um nach der Kaufentscheidung auftretende Unsicherheiten beim Kunden beseitigen zu können und das Vertrauensverhältnis zu stärken. Ein Zufriedenheits-Check, zum Beispiel nach der Lieferung, kann telefonisch oder sogar durch einen persönlichen Besuch erfolgen (in Abhängigkeit vom Auftragsvolumen) und zeigt dem Kunden, dass er für den Verkäufer und das Unternehmen wichtig ist und persönlich wahrgenommen wird.

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2.5 Vermarktung von Dienstleistungen

Der Handel ist in den letzten Jahren zunehmend unter Druck geraten. Umso mehr müssen Händler sich Maßnahmen zur Stabilisierung des Deckungsbeitrages erschließen. Gezielte Trainings und Coachings können hier neue effektive Möglichkeiten eröffnen. Ein sinnvoller Weg, um sinkende Umsätze aufzufangen, ist die gezielte Vermarktung von Dienstleistungen. Leistungen, die schon immer für den Kunden erbracht wurden – etwa die Lieferung der Ware, das Anschließen technischer Geräte oder Einführungen in deren Handhabung – werden nicht mehr zum Kauf „oben drauf“ geschenkt, sondern dem Kunden gegenüber transparent abgerechnet. Durch den kostenpflichtigen Absatz der Dienstleistung steigen die Verdienstmöglichkeiten für den Händler ohne Wareneinsatz oder nennenswerten zeitlichen Mehraufwand nachhaltig an.

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2.6 Vermarktung von Kundenbindungselementen

Auch durch die Vermarktung von Kundenbindungselementen kann der Händler zielgerichtet zu der Erhöhung seines Umsatzes beitragen. Garantieverlängerungen beispielsweise verlängern für den Kunden die gesetzlich vorgeschriebene Garantie bzw. Gewährleistung und können über verschiedene Zeiträume und zu unterschiedlichen Konditionen abgeschlossen werden. Oder: Kundenkarten funktionieren als Finanzierungssysteme ähnlich wie Kreditkarten und regen den Kunden zu Wiederholungskäufen an, weil sie eine Verbundenheit mit dem Händler schaffen. Die Einsatzmöglichkeiten im Bereich Kundenkarten sind vielfältig: Neben Karten mit Finanzierungsfunktion existieren so auch Karten mit Rabatt- oder Bonussystemen (bekanntestes Beispiel für Letztere ist die Payback-Karte), Einladungs- oder VIP-Funktion.

Weitere Beispiele für die Vermarktung von Kundenbindungselementen sind der Abschluss von Wartungsverträgen (für vielerlei Produkte vom Auto bis zur Kaffeemaschine), das Angebot von Zusatzdienstleistungen (zum Beispiel die Haarkur zum Haarschnitt beim Friseur oder die privat zu finanzierende professionelle Zahnreinigung beim Zahnarzt) und der Verkauf von Zubehör zum eigentlich vom Kunden beabsichtigten Produktkauf (das Getränk zum Hamburger im Fast-Food-Restaurant, die Lederpflege zum Schuhkauf).

Diese Aspekte können einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass die strategische Ausrichtung eines neuen Unternehmens auf Anhieb gelingt. Deshalb lohnt es sich für angehende Händler, die genannten Möglichkeiten von Anfang an miteinzubeziehen – am besten mit der professionellen Unterstützung eines kompetenten Coachs oder Trainers.

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