Markt & Branche

Unglaublicher Vorwurf: Elektrohandel sabotiert gesetzliche Bestimmungen

(Foto: Telering)
Ende letzter Woche ging ein Raunen durch den Blätterwald: Ob Spiegel Online, Zeit oder lokale Blätter, umfangreich verkündeten sie die Pressemitteilung der Deutschen Umwelt Hilfe (DUH), die in dem Vorwurf gipfelte: „Handel sabotiert Rückgabe alter Elektrogeräte.“

Die Anschuldigung basiert auf einer Untersuchung des DUH. Denn, so die Umweltorganisation, „Tests bei 45 Unternehmen belegen, dass ‚die Mehrheit des Handels‘ Verbraucher schlecht oder falsch informiere, Geräte nicht zurücknehme oder dafür Gebühren verlange.“ Zu den untersuchten Geschäften gehören nach Aussage des DUH Elektrofachgeschäfte, Baumärkte, Möbelhäuser und Onlineshops.

„Verbraucher über die Rücknahme ausgedienter Toaster, Föhns und Computer zu informieren, ist die Voraussetzung, um Elektroaltgeräte umweltgerecht sammeln zu können. Dennoch fehlten in den Filialen nahezu aller getesteten Unternehmen Hinweise zur Rücknahme ausgedienter Elektrogeräte,“ so Phillipp Sommer vom DUH.

Der Referent für Kreislaufwirtschaft kritisiert weiter: „Die Hinweise beim Online-Handel sind oft so versteckt, dass der Verbraucher nichts über die neuen Rückgabemöglichkeiten erfährt. Vorhandene Informationen sind zudem oft unvollständig oder fehlerhaft. Schlimm genug, dass eine aktive Kommunikation fehlt und Verbraucher nicht wissen, wo sie ihre Geräte abgeben können, selbst das Personal vieler Elektro-Händler ist schlecht geschult und informiert falsch.“

Reichlich überzogen … ^

Gegenüber infoboard.de entgegnet Benedict Kober, Vorstandssprecher der Euronics Deutschland eG, die Vorwürfe mit den Worten „von „Sabotage“ oder von „perfiden Strategien“ zu sprechen, halten wir für überzogen und weisen diese Vorwürfe mit Blick auf unsere Mitglieder und den beratenden Fachhandel zurück.“

Willy Fischel, Geschäftsführer des Bundesverbandes Technik des Einzelhandels, lässt uns wissen: „Der BVT begrüßt es sehr, wenn die Endkunden verstärkt die Dienstleistungen des serviceorientierten Fachhandels nachfragen. Deshalb empfehlen wir den Konsumenten, die beim Neukauf ihr Elektro-Altgerät dem Händler zur Entsorgung geben wollen, sich rechtzeitig vor dem Kauf beim Händler – ob online oder stationär – zu informieren, ob er diesen Service bietet. Damit trennt sich schon bei der Auswahl des Kaufortes die Spreu vom Weizen.“

Karl Trautmann, Vorstand ElectronicPartner, erkennt keinen grundlegenden Informationsmangel bei den Endverbrauchern. So gibt er infoboard.de zur Protokoll: „Wir setzen viele wesentliche Punkte der Gesetzesänderung (z. B. weiße Tonne für kostenlose Rückgabe von Kleingeräten) bereits seit langem bei Medimax um. Dabei haben wir gemerkt, dass unsere Kunden hervorragend informiert sind und vor allem motiviert, Altgeräte einer fachgerechten Entsorgung zuzuführen.“

Auch Volker Müller, Vorstandsvorsitzender der expert AG, unterstreicht: „Bisher haben wir weder Kenntnis über Probleme oder Beschwerden von Endverbrauchern bei der Rückgabe alter Elektrogeräte, noch verzeichnen unsere Gesellschafter deutlich erhöhte Rückgabemengen.“ Müller weiter: „Von Seiten der Zentrale haben wir sichergestellt, dass ausführliche Informationen zur neuen Regelung bei den Mitarbeitern ankommen. Darüber hinaus haben sich alle unsere expert Gesellschafter im Stiftung Elektro-Altgeräte Register (www.ear-stiftung.de) angemeldet, so dass unsere Zahlen dort hinterlegt sind und ausgewertet werden können.

Ungeachtet dessen nimmt EP-Vorstand Trautmann die Untersuchung des DUH zum Anlass, aufgezeigte Schwachstellen auszuspüren. Er führt aus: „Medimax erfüllt dem Test zufolge bereits entscheidende Punkte, wie die Rückgabe von Kleingeräten ohne erhöhten Aufwand, sollte aber im Informationsbereich nacharbeiten – zum Beispiel bei der Kommunikation über das Symbol der durchgestrichenen Mülltonne. Wir prüfen aktuell die Kritikpunkte der DUH und entscheiden dann, ob auch aus Verbraucher- und Gesetzgebersicht tatsächlich Veränderungen in unseren Märkten notwendig sein sollten.“

Telering-Geschäftsführer Franz Schnur kommentiert die Ergebnisse des DUH-Tests wie folgt: „Seit eh und je, und somit schon weit vor dem 24. Juli 2016, bieten unsere telering- und Markenprofi-Fachhändler ganz selbstverständlich auch die umweltverträgliche Entsorgung von Altgeräten an, auch dann, wenn diese NICHT bei ihnen gekauft wurden! Ein stellvertretendes Beispiel hierzu finden Sie unter diesem Link: https://www.iq-bernstein.de/RuecknahmeVonAltgeraeten.html

Schnur vertieft: „Das IQ-Immer-Qualität-Versprechen unserer Fachgeschäfte beinhaltet selbstverständlich auch die Rücknahme von Altgeräten – übrigens auch bei den Fachhändlern, deren Verkaufsfläche unter 400 qm ist!“

Bürokratie pur! ^

Aus dem Handel vor Ort erreichte die infoboard.de-Redaktion eine Mail des EP:Händlers Hämmerle aus Herrenberg unweit von Stuttgart. Hämmerle lies die DUH-Artikel seiner lokalen Zeitungen nicht kalt, schrieb die nachfolgenden Zeilen an die entsprechenden Redaktionen unter anderem an den Gäuboten:

„Danke für Ihren Artikel Elektroschrott von heute im Gäuboten. Leider haben Sie nicht angesprochen, dass Händler unter 400qm Verkaufs und Lagerfläche davon nicht betroffen sind.

Wie soll das kontrolliert werden? Was ist mit den Internethändler mit einem Virtuellen Lager, der also gleich vom Hersteller zum Kunden liefert oder gar bei Amazon eingelagert hat. Was ist mit den Garagenhändler unter 400qm im Internet, diese haben einen gewaltigen Kosten Vorsprung gegenüber den Fachhändlern und Internethändlern unter 400qm. Vom Fachhandel, auch unter 400qm, erwartet der Verbraucher, dass er das Altgerät auch zurücknimmt. Was auch obligatorisch ist.

Außerdem gibt es eine Anzeige- und Meldepflichten bei der Stiftung EAR (Stiftung Elektro-Altgeräte-Register) was für einen Schwachsinn, da man ja nur die Menge schätzen kann. Bürokratie pur! Dazu kommt noch, dass wir einen Entsorgungsbeauftragten benennen müssen.

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