„Deutschland ist, wie viele andere Länder auch, in der Rezession. Davon kann sich der Onlinehandel nicht abkoppeln. Nur teure Maßnahmen wie das 49-Euro-Ticket begrenzen derzeit die Inflation. Scheinbar hohe Lohnzuwächse werden durch die kalte Progression oft wieder kassiert. Solange die Menschen erwarten, dass ihre Reallöhne sinken und finanzielle Sonderbelastungen zunehmen, werden sie sich jeden Einkauf gut überlegen. Wir gehen davon aus, dass sich daran auch in nächster Zeit nichts ändern wird“, erklärt Martin Groß-Albenhausen, stellvertretender Geschäftsführer beim Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (bevh), die gesamtwirtschaftlichen Ursachen.
Auffällig ist, dass mit Beginn der Sommer- und Urlaubszeit im 2. Quartal die Erholung bei digitalen Dienstleistungen (+8,5% auf 3.6 Mrd. Euro) nachgelassen hat. In dieses Segment fallen insbesondere Reise- und Konzertbuchungen. Nach den Einbrüchen der Corona-Hochphase hatte es hier zuletzt noch deutlich zweistellige Zuwächse gegeben.
Im Vergleich der großen Branchen-Cluster im Onlinehandel gab es im 2. Quartal nur Verlierer: Abermals am stärksten verloren haben die Cluster Unterhaltung (-14,7%), Einrichtung (-14,3%) und Bekleidung (-14,1%). Mit Blick auf einzelne Branchen stehen der Handel mit Schmuck und Uhren (-17,4%), Computer/Zubehör/Spiele (-16,9%) und Haushaltswaren & -geräte (-16,1%) unter Druck.
In die gleiche Richtung wie die Branchenumsätze zeigen die Ergebnisse der aktuellen Mitgliederbefragung, die der bevh in der ersten Juliwoche durchgeführt hat. Zwei von drei antwortenden Unternehmen geben an, dass sie ihre geplanten Umsätze im zweiten Quartal nicht erreicht haben.
Die pessimistischen Geschäftserwartungen der Händler und anhaltend schlechte Wirtschaftsdaten für Deutschland geben wenig Hoffnung auf eine Besserung der Geschäftslage im weiteren Jahresverlauf. Die zu Jahresbeginn angestellte Prognose von 4,8% Wachstum für die Gesamtbranche ist somit nicht haltbar. Nach eigenen Schätzungen geht der Verband stattdessen von einer deutlichen Korrektur und einen Rückgang der Umsätze von mehr als 5% zum Jahr 2022 aus. „Selbst bei einer derzeit nicht absehbaren Verbesserung der Konsumstimmung im 2. Halbjahr wären die bisherigen Rückgänge kaum aufzuholen“, befürchtet Martin Groß-Albenhausen.
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